18.07.2025
Distanzierung von den Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt
Als Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) distanzieren wir uns entschieden von den Aussagen Rainer Wendts, wie sie unter anderem in dem Gastbeitrag "Der Staat hat kein Recht auf Schwäche – er hat die Pflicht zur Stärke" auf Tichys Einblick vom 11. Juli 2025 zum Ausdruck kommen. Die von Rainer Wendt wiederholt vertretenen Positionen widersprechen ganz fundamental den Werten, Prinzipien und der Praxis Sozialer Arbeit in unserer demokratischen Gesellschaft.
Unser Verständnis von Staat und Gesellschaft
Der DBSH vertritt ein differenziertes und menschenrechtsorientiertes Verständnis von Staat und staatlichem Handeln. Wir sehen den Staat nicht primär als eine Entität, deren Hauptaufgabe in der kompromisslosen Demonstration von "Stärke" liegt. Vielmehr verstehen wir den Staat als Garanten für die sozialen Grundrechte aller Bürger*innen, für soziale Gerechtigkeit und für Chancengerechtigkeit. In diesem Sinne ist auch der Schutz vulnerabler Gruppen hervor zu heben. Eine einseitige Betonung von Stärke, insbesondere im Sinne repressiver Maßnahmen oder einer Vernachlässigung präventiver und unterstützender Ansätze, ist mit unserem Berufsverständnis nicht vereinbar.
Die Rolle der Sozialen Arbeit
Die Soziale Arbeit hat die Aufgabe, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und präventiv sozialen ProblemeN entgegenzuwirken. Dies erfordert einen Staat, der sich seiner sozialen Verantwortung bewusst ist, der in soziale Infrastrukturen investiert und der auf Partizipation und Empowerment setzt, anstatt auf Abschottung oder autoritäre Durchsetzung. Wir sind davon überzeugt, dass ein wahrhaft starker Staat sich durch seine Fähigkeit auszeichnet, Gerechtigkeit zu gewährleisten, Zusammenhalt zu fördern und niemanden zurückzulassen, auch und gerade in Krisenzeiten oder bei gesellschaftlichen Diskussionen, die marginalisierte Gruppen betreffen.
Kritik an der Rhetorik
Die von Rainer Wendt wiederholt verwendete Rhetorik und öffentlich vertretenen Positionen, die stark polarisieren und zudem Ängste schüren, sehen wir mehr als kritisch und wir distanzieren uns deutlich davon.
Rainer Wendt trägt damit dazu bei, gesellschaftliche Gräben zu vertiefen, anstatt Brücken zu bauen. Eine Diskussion über die Rolle des Staates muss sich an faktenbasierten Analysen und menschenrechtlichen Standards orientieren und darf nicht auf vereinfachenden oder gar populistischen Äußerungen basieren. Die fehlende Fähigkeit zur Selbstreflexion über die Strukturen der Polizei und die stets abwehrende Haltung gegenüber Kritik an der Polizei als Institution (und den dort beschäftigten Polizeikräften) ist höchst problematisch. Zudem erteilt er damit eine Absage an all diejenigen, die diese Themen bereits anerkennen, bearbeiten und gemeinsam nach nachhaltigen Lösungen suchen.
Wir sprechen an dieser Stelle all denjenigen Organisationen und Beschäftigten der Polizei unsere Unterstützung aus, die bereits offen, selbst- und systemkritisch aktiv sind, sich für Menschenrechte und vulnerable Gruppen stark machen und die strukturellem Rassismus und Menschenfeindlichkeit innerhalb der Institution Polizei entgegentreten.
Und weiter stehen wir an der Seite der queeren Community und weisen jede Art von offen queerfeindlichen, menschenverachtenden und hassfördernden Äußerungen vehement zurück.
Unsere Forderungen
Wir fordern einen Staat, der seine Pflicht zur Stärke in sozialer und demokratischer Hinsicht wahrnimmt:
- Stärke durch soziale Absicherung: Ein Staat, der seine Bürger*innen vor Armut und Ausgrenzung schützt und umfassende soziale Sicherungssysteme bereitstellt.
- Stärke durch Prävention: Ein Staat, der in frühzeitige und umfassende präventive Maßnahmen investiert, um soziale Probleme an der Wurzel zu bearbeiten.
- Stärke durch Menschenrechte: Ein Staat, der die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte bedingungslos gewährleistet und Diskriminierungen aktiv bekämpft.
- Stärke durch Dialog und Partizipation: Ein Staat, der den Dialog mit der Zivilgesellschaft sucht und Bürger*innen aktiv in Entscheidungsprozesse einbindet.
Wir werden uns als DBSH weiterhin für eine Politik einsetzen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und die demokratischen und sozialen Werte unserer Gesellschaft stärkt.
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